Singen ist gesund
Singen macht gesund – auch wenn es schief klingt. Wer unter der Dusche singt, stärkt sein Immunsystem – egal, ob er zu schiefen oder lupenreinen Tönen neigt. Die Wirkungen von Dur oder Moll beschäftigen seit Langem die Wissenschaft. Vor allem klassische Musik entspannt und kann bereits Ungeborene im Mutterleib beruhigen. Jetzt fanden Forscher heraus, dass es, was die Wirkungen der Klänge angeht, einen großen Unterschied macht, ob sie selber produziert werden oder ihnen lediglich gelauscht wird.
Singen hält gesünder, fanden die Wissenschaftler des Instituts für Musikpädagogik der Uni Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sängerbund bei der Untersuchung an einem Laienchor heraus. Die Probanden bestanden aus acht Männern und 23 Frauen. „In früheren Studien konnten endokrine Reaktionen sowohl beim Hören als auch Singen von Musik nachgewiesen werden“, sagt Professor Hans Günther Bastian. Ein direkter Vergleich der unterschiedlichen Effekte im Hormonsystem war jedoch nicht durchgeführt worden. „Deshalb war bislang ungeklärt, in welchem Ausmaß die Wirkungen auf das Hormonsystem durch relativ passive versus aktive Beteiligung des Organismus beeinflusst werden“, erläutert Bastian. Als Musik diente sowohl beim Singen als auch beim Hören der Vergleichsgruppen Mozarts „Requiem“. Jeweils vor und nach der Chorprobe, beziehungsweise nach dem Hören wurden den Probanden Speichelproben entnommen und die absoluten Mengen von Eiweißen, Immunstoffen und Cortisol bestimmt. Auch das subjektive Befinden der Sänger über 60 Minuten hinweg bestimmten die Forscher. Als Ergebnis zeigte sich ein Abfall des Stresshormons Cortisol in gleicher Menge, sowohl beim eigenen Musizieren als auch bei der akustischen Aufnahme des Stücks. Als Indikator für einen Anstieg der Immunleistung diente den Wissenschaftlern der Immunglobulin-A-Wert. Die Studie belegte hier eine deutlich positive Veränderung beim eigenen Singen. Das bloße Zuhören von Musik ließ das Immunsystem kalt. Außerdem hatte sich bei den Sängern zusätzlich die Stimmung nach der Chorprobe aufgehellt. Singen bringt demnach deutlich stärkere Wirkungen für die Gesundheit als bloßes Anhören.
In Deutschland profitieren demnach 3,2 Millionen aktive Chorsänger, die sich auf insgesamt rund 60 000 Chöre verteilen, von diesem günstigen Einfluss ihres Hobbys auf das Immunsystem. Bastian schreibt der Musik noch weitere positive Eigenschaften zu. Seit Langem fordert er, die Musik in den Schulen wieder mehr in die Mitte zu holen: „Die Schule braucht die Sinnlichkeit und den Sinn der Musik“, sagt er. „Eine kognitive Überfrachtung widerspricht im Übrigen den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, denen gerade Musik die Sprache der Gefühle ist.“ Die Kinder müssten dringend in Sekundärtugenden gefördert werden, sagt Bastian: Ausdauer, Lust an Leistung, Kreativität, Konzentration. Und vor allem sei das Singen ein archaisches und elementares Ausdrucksbedürfnis.
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